Re-
branding

Das Literaturhaus Augsburg feiert Literatur mit existentieller und exzessiver Geste: durch multisensorische Veranstaltungen, bei denen Besucher nicht nur Autoren und Künstler kennenlernen, sondern auch aktiv mitdiskutieren können. Der erste Deutsche Popliteraturpreis wird vom Literaturhaus vergeben. Sie bieten besondere Literaturtipps und haben außerdem ihren eigenen Podcast, um tiefer in die Welt der Literatur einzutauchen.

Besuchen Sie die von uns gestaltete Website des hyperrealen Literaturhauses Augsburg.

Unser Job: Logo-Design, Corporate Design, Web-Design, Programmierung, Webshop

Vorher

Nachher

Danke an Stefan, Franziska, Katrin, Lisa und Hannes

〰️

Danke an Stefan, Franziska, Katrin, Lisa und Hannes 〰️

Das grosse er-grauen.

Warum verschwinden Farben aus der Welt?

In Showrooms, Wohnzimmern, auf der Straße und Laufstegen ist die Botschaft klar: Die Welt ist eine Monochromie aus einer neutralen Grau-Palette.

Abends durch die Straßen laufend, fällt mir auf, wie viele Wohnungen weiße Wände und Decken haben – fast alle. Und dann schaue ich wieder auf die Straße. Und die Autos? Von Weiß über helles Steingrau, Chinchilla, Schlamm zu Anthrazit und schließlich Schwarz. Rote und blaue Autos sind geparkte Farbtupfer inmitten einer farblosen Flotte.

Verschwinden die Farben wirklich? Spaziere ich geradewegs in einem grauen Strudel, der alles Fröhliche und Farbenfrohe verschlingt?

Ich stelle mir selbst die Frage, die für gewöhnlich mir der grau-melierte Hannes vom Literaturhaus stellt: »Warum?«

Zu Hause, an meinem schimmernd grauen Laptop, finde ich einen Artikel über Forscher, die rund 7.000 Fotos von Alltagsgegenständen zwischen 1800 und 2020 analysierten. "Der auffälligste Trend, den die Forscher feststellten, war die Zunahme von Grau«. Der Rückgang der Farbenvielfalt lässt sich sogar datieren: zwischen 1800 und etwa 1980.

Als jemand, der 1981 geboren wurde, habe ich die Blütezeit der Farben nur knapp verpasst. Genug von mir. Zurück zu den Farben und Autos: In Großbritannien sind die meisten Neuwagen seit 2000 ununterbrochen Grau, Schwarz und Weiß.

Die gefragtesten Farben meiner Lieblings-Farbmarken Dulux und Farrow & Ball im Jahr 2020 waren 50 Grautöne. Da war der Film »Fifty Shades of Grey« schon 5 Jahre alt. Der Markt ist nicht nur grau, sondern auch träge.

Ich verlagere meine Recherche auf TikTok. Dort entdecke ich »That Sad Beige Lady« mit fast 200.000 Followern. Sie macht sich über den Beige-Trend lustig. Ich bin auch nicht allein!

Ich bekomme Hunger. Und da kommt mir McDonald's in den Sinn. Seit 2006 werden die roten Dächer und gelben Plastikstühle, mit denen ich aufwuchs, konsequent durch »Holz« und »Schiefer« ersetzt. Damit wird der nachhaltige Anstrich der Fastfood-Kette – in Marketingsprech – »sichtbar und erlebbar« gemacht.
Der neue Farb-Anstrich ist natürlich kein Geheimrezept von McDonald’s. Nachhaltigkeit und Bio sind wichtig! Damit einher geht insgesamt eine Abkehr von grellen und künstlich wirkenden Farben hin zu neutralen Tönen und naturähnlichen Materialien einher.

Von »Nachhaltig« ist es gedanklich zum »Klimawandel« nicht weit. Alles scheint davon betroffen. Farben auch? Als Antwort findet mir die Suchmaschine einen Artikel, in dem steht, dass die in Europa heimischen Vögel offenbar wegen des Klimawandels im »Durchschnitt weniger bunt sind«. Dieser Zusammenhang erschließt sich mir nicht. Weitere ornitologische Nachforschung scheinen notwendig – oder ich frage die K.I.

Von den globalen Problemen von Heute springe ich in die Zeitachse in die Probleme der Vergangenheit. Waren Probleme früher bunt?

Dazu fasse ich die Erkenntnisse des italienische Grafikdesigners und Autors Riccardo Falcinelli in eigenen Worte zusammen:
In der Nachkriegszeit stand Farbe für die progressive Politik der Menschen. Sie umgaben sich nach den düsteren Kriegsjahren gerne mit psychedelischen Blumentapeten, knallrote Sofas oder besangen gleichfarbige Gummiboote. Luftige Kleidung in kräftigen Orange-, Violett- und Grüntönen waren angesagt.
Farbe war ein zentrales Element der Hippies, die ihre Rebellion durch Liebe, Farbe und man munkelt Drogen ausdrückten und sich gegen die restriktiveren 1950er Jahre auflehnten. Die Frauenrechtsbewegung gewann an Schwung und brachte – wenn auch nur in begrenztem Maße – Meinungsfreiheit mit sich. Die Emanzipation führte zu einem freizügigeren Umgang mit Rocklängen und auch zu bunten Farben. Die Verbreitung von LSD trug wohl auch zur psychedelischen Farbpalette dieser Zeit bei.

Wobei ich hier anmerken will, dass Emanzipation auch ohe Farbe geht. Eine der m.E. emanzipiertesten Frauen überhaupt war Coco Chanel. Und sie soll einst gesagt haben, dass Farbe in der Kleidung nur für Kinder und Prostituierte sei. Was sie sicher gesagt hat war: »Ich werde sie alle in Schwarz kleiden!«

Weiter geht es bei Facinelli dann so:

Die 1970er Jahre waren geprägt von Desillusionierung und Massenarbeitslosigkeit. In der britischen Punk-Ästhetik signalisierten knallige Farben Wut und wieder Rebellion. »Farbe kommuniziert nur in einem bestimmten Kontext«, sagt Falcinelli.

»Der Kontext, in dem wir uns jetzt, in den 2020er Jahren, befinden, ist Besessenheit von Rationalisierung: das Weglassen von 'unnötigen' Farben und Ornamenten zugunsten einer Ästhetik der Optimierung. Es gibt diese Vorstellung, dass das Minimalste am schnellsten den größten Nutzen bringt«, sagt die Anthropologin Dr. Nicole Truesdell.

In »Chromophobia« stellt der Autor David Batchelor die Farbe und Weiß im Zusammenhang mit der Besessenheit des Westens von Rationalität gegenüber. »Man kann niemals Farbe ohne Emotionen haben«, schreibt er. »Farbe wird immer mit Vergnügen und als mit den Sinnen verbunden angesehen.«

Diese Rationalität zeigt sich auch an Fassaden. Häuser werden nicht mehr als ein Zuhause betrachtet, sondern zu vorübergehende Investitionen degradiert. Wenn Hausbesitzer ihre Fassaden mit Elephant's Breath oder einem anderen Grauton streichen, wird das Haus für ein breiteres Publikum attraktiver – wenn es an der Zeit ist, es zu verkaufen, im Vergleich zu hellgrünen Wänden, zum Beispiel.
Und das ist nicht mal eine wilde These. Eine Studie von Zillow ergab, dass die Wahl von Farbtönen wie Weiß, Grau, Hellblau und Marineblau den Wert Ihres Hauses um fast 5.000 Dollar steigern kann.

»Es ist nicht nur eine Frage des Stils. Wir leben in einer Zeit der Krise«, so Riccardo Falcinelli.

Die gedämpften Töne spiegeln auch den derzeitigen Zustand der Welt wieder.
Neben der Klimakrise sind die Lebenshaltungskosten unglaublich hoch, die Politik in ganz Europa bewegt sich nach rechts, und in der Ukraine herrscht derzeit Krieg.

Soweit so schlecht?

Was sagt unsere Biologie dazu? Finden unsere Augen sich wohler in dieser grauen Welt? Ich sage entschieden Nein! Das menschliche Auge ist dafür gemacht, das breite Spektrum an Farben zu erleben: Es ist sogar eine krasse Farb-Erkennungs-Maschine, die zwischen ca. 10 Mio. verschiedene Farbtöne unterscheiden kann. Was für eine Verschwendung, diese Leistung nicht in Anspruch zu nehmen und sich selbst auf 50 Schattierungen von Grau zu beschränken.

Damit ist an dieser Stelle Schluss!


Mit dem knallbunten Design des Literaturhauses setzten wir einen vibrierenden Farbklecks mit ner Menge Goldstaub in die ergraute Welt. Reibt euch die Augen und reibt euch am Design: literaturhaus-augsburg.de

Sie möchten ihre marke ein update verpassen?

Wir setzen Ihr Corporate Design um. Von der Positionierung, über das Logo-Design, zum Claim und Branding.

Zurück
Zurück

Strategie: Nachhaltigkeitsnarrative

Weiter
Weiter

Full Service Webdesign, SEO, Programmierung